Office Building In A New Residential Area. 3d Rendering.

Keine Brüche an deutschen Büromärkten durch Homeoffice-Effekt

Leerstandsprognose untersucht konjunkturelle und strukturelle Auswirkungen von Covid-19 auf die TOP 7-Büromärkte bis 2025

Seit über einem Jahr wirkt sich die Pandemie auf das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben aus. Nach einem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 und einem Sommer mit wenigen Einschränkungen gelten seit Mitte November 2020 wieder verschärfte Infektionsschutzmaßnahmen. Im März 2021 wurde ein Stufenplan mit Öffnungsperspektiven verabschiedet, die wegen einer von hochansteckenden Mutanten verursachten „dritten Welle“ wieder zurückgenommen werden mussten. Von weitreichenden Lockerungen ist erst in der zweiten Jahreshälfte im Zusammenhang mit einer signifikant höheren Impfrate der Bevölkerung auszugehen.

Die anhaltende Pandemie und ihre Auswirkungen beeinflussen weiterhin den Bürovermietungsmarkt in Deutschland in vielfacher Weise. Gerade bei der Abschätzung langfristiger Folgewirkungen gilt es, neben den konjunkturellen auch die strukturellen Folgewirkungen der Pandemie zu berücksichtigen. Die meisten Büroangestellten arbeiten nach wie vor remote. Insbesondere Nutzer, Eigentümer und Investoren von Büroobjekten stehen vor der Frage, inwiefern nach Überwindung der akuten Ausbreitungsphase der Pandemie derzeit zu beobachtende Homeoffice-Effekte langfristig Bestand haben und das Marktgeschehen beeinflussen werden.

Die qualitative Gestaltung von Arbeitsplätzen

Neben der mittlerweile versachlichten und differenzierten Diskussion um die Frage, wie viele Tage der Woche Büroangestellte „in der Zeit danach“ im Büro verbringen werden, werden zunehmend auch wieder Aspekte der qualitativen Arbeitsplatzgestaltung in den Fokus gerückt, die schon vor Ausbruch der Pandemie die Ermittlung zukünftiger Büroflächennachfrage geprägt haben. Neu hinzugekommen sind unter dem Einfluss der Covid-19-Erfahrungen allerdings Aspekte rund um das Thema „Distancing“, die eine ganz eigene Flächenwirksamkeit mit sich bringen werden.

Flächenbedarfe Nach Covid 19

Nach derzeitigen Erfahrungen gehen wir bei Colliers davon aus, dass bei einem Teil der Neuanmietungen höhere Homeoffice-Quoten zu einer geringeren Bürofläche pro Mitarbeiter führen, auf der anderen Seite jedoch der Anteil der Allgemein-, Interaktions-und Verkehrsflächen steigen wird. Unter dem Strich geht die Bürofläche pro Arbeitnehmer dadurch nur geringfügig zurück. Unser Basisszenario beziffert diesen, etwas verkürzt als “Homeoffice Effekt” bezeichneten Impact mit minus 5 Prozent.

Modellierung der Leerstandsprognose

Die Leerstandsprognose basiert zunächst auf den Prognosen der zukünftig erwarteten Flächenumsätze in den sieben Bürozentren Deutschlands. Hier wird bei der Modellierung der konjunkturellen Nachfrageentwicklung von einer Überwindung der Corona-bedingten Nachfragerückgänge ab 2022 ausgegangen. Angebotsseitig werden aktuell absehbare Fertigstellungen und Flächenabgänge in den TOP 7 berücksichtigt, die auch Reaktionen von Projektentwicklern auf die veränderte Marktsituation widerspiegeln. Eine solche krisenbedingte Reduktion vor allem spekulativer Angebotsausweitung werden in dem Modell verstärkt ab 2022 berücksichtigt. Dabei kann es zwischen den einzelnen TOP 7-Märkten zu durchaus abweichenden Zeitverläufen kommen, die Eingang in die Analyse gefunden haben. Anschließend wird der „Homeoffice-Impact“ in zwei zusätzlichen Szenarien zum „Konjunktur-Impact“ dazugerechnet. Dabei wird dem Homeoffice-Effekt erst ab 2022 eine deutlich zunehmende Marktwirksamkeit zugesprochen.

Prognosemodell

Höhepunkt der Leerstandsentwicklung für 2023/24 erwartet

Aus derzeitiger Sicht führen beide Impacts in den Top 7 zu keinem strukturellen Bruch der bisherigen Marktentwicklung, auch wenn die Leerstände an den meisten Standorten am Ende des Betrachtungszeitraums höher liegen werden als vor der Krise.

Ende dieses Jahres liegen die Leerstände gemäß Basisszenario zwischen 2,5 Prozent in Berlin und 8,8 Prozent in Frankfurt, Ende 2025 zwischen 2,8 Prozent in Stuttgart sowie10,3 Prozent in der Mainmetropole. Für die Bundeshaupstadt ist trotz der deutlich höheren Neubautätigkeit mit 3,4 Prozent immer noch ein sehr niedriger Vergleichswert gegeben, der selbst im Stress-Szenario mit 4,3 Prozent niedrig bleibt. Vor allem bei der Annahme höherer Homeoffice-Effekte würde Frankfurt zwar wie nach der Finanzkrise wieder eine zweistellige Leerstandsrate von über 11 Prozent aufweisen, damit aber dennoch deutlich unter dem damaligen Peak von knapp 18 Prozent zurückbleiben, was mit der marktkonformeren Angebotsausweitung der letzten zehn Jahre zu begründen ist.

In den Jahren 2023 und 2024 wird unter dem derzeit erwarteten konjunkturellen und strukturellen Einfluss der Corona-Krise der Höchststand der Leerstandsentwicklung erwartet. Bis zu diesem Zeitpunkt steigt gemäß Basisszenario der Leerstand über alle Bürohochburgen zusammen von 3,5 Prozent am Jahresende 2020 und mit der voraussichtlich stärksten Wachstumsrate im laufenden Jahr 2021 auf circa 5,2 Prozent. Zum Ende des Beobachtungszeitraums 2025 wird bereits ein leichter Rückgang Richtung 5-Prozent-Marke erwartet. Gemäß Szenario 3 (stärkerer Homeoffice-Effekt) läge der Wert immer noch unter 6 Prozent.

Leerstandsprognose TOP 7

Unter den gegebenen Umständen ist das eine moderate Entwicklung, die eindrucksvoll die solide Ausgangslage des deutschen Büromarktes belegt. In den TOP 7-Märkten mit einem seit Jahren sehr engem Flächenangebot könnte bei Schwinden der konjunkturellen Corona-Folgen ein zunehmender Homeoffice-Effekt marktkonforme Entlastungseffekte mit sich bringen.


Weitere Artikel von diesem Autor:

Büroflächen für Startups mieten in München

Worauf Start-ups bei der Bürosuche in München achten sollten

Der Einzug in ein erstes Büro ist für Start-ups oft so spannend wie der Umzug junger Menschen in die erste eigene Wohnung. Allerdings gibt es bei der Anmietung gewerblicher Immobilien einiges zu bedenken. Ein aktueller Leitfaden von Colliers gibt Tipps. Die Lage Klar, dass sich viele Münchner Startups in der Innenstadt und den umliegenden Vierteln […]
Büromarkt München Neubau 2024

Aus Mietersicht: Der Büromarkt München 2024

Die rezessive Phase in der deutschen Wirtschaft, dauerhaft etablierte Möglichkeiten zum Remote Working und steigende ESG-Anforderungen in der Geschäftsstrategie haben dazu geführt, dass Unternehmen in der Wahl neuer Bürostandorte in München 2023 eher zurückhaltend waren. Mit Blick auf kommende Fertigstellungen neuer Büroflächen bietet aber gerade das Jahr 2024 spannende Flächenoptionen. Für Unternehmen, die etwas langfristiger […]
Mehr

Weitere Artikel zu dieser Rubrik:

Homeoffice Studie

Homeoffice bleibt und führt zur Anpassung von Bürokonzepten in Deutschland

Die Etablierung von Homeoffice und hybriden Arbeitsmodellen zwingt viele Unternehmen dazu, ihre Bürokonzepte zu überdenken und anzupassen. Dies hat tiefgreifende Auswirkungen auf den Büroimmobilienmarkt. In unserer gemeinsamen Studie mit dem ifo Institut beleuchten wir diese Veränderungen und zeigen, inwieweit Unternehmen ihre Büroflächen anpassen, auf Desk Sharing setzen und Besprechungs- sowie Sozialräume ausbauen. Ein zentrales Ergebnis: […]
Residential Investment

Der Markt für Zinshäuser springt wieder an

Der Markt für Wohn- und Geschäftshäuser hat sich stabilisiert. Die Kaufpreise für Zinshäuser hatten seit ihren Höchstständen durchschnittlich um 33 Prozent nachgegeben. Die Phase sinkender Preise ist in den meisten Städten nun weitgehend abgeschlossen, der Investmentmarkt für Zinshäuer nimmt wieder Fahrt auf. Das geht aus unserem neuen Report „Residential Investment 2024/2025 — Wohn- und Geschäftshäuser […]
Alt Und Neu5 Kopie

Obsoleszenzen von Büros – Wohnen und Life Science als Ausweg?

In Folge von Homeoffice und flexiblen Arbeitsmodellen sowie verschärften ESG-Anforderungen steht der Büroimmobilienmarkt vor einem Wandel. Unsere aktuelle Studie in Kooperation mit Garbe Institutional Capital und PwC zeigt, dass rund 75 Millionen Quadratmeter Bürofläche in deutschen A- und B-Städten von wirtschaftlicher Obsoleszenz bedroht sind – ein Volumen, das den prognostizierten Nachfragerückgang von bis zu 24 […]
Mehr