Neue Wege der Logistik
Nachfrage und Trends in der Logistikbranche
Die Logistikbranche in Deutschland boomt und der erhöhte Flächenbedarf für Logistik, Produktion und Lagerungszwecke spiegelt sich in den Umsätzen der Logistikregionen Deutschlands wider. Über 1,3 Millionen m² wurden alleine in den letzten sechs Monaten angemietet oder für den Eigenbedarf generiert. Das entspricht einem Zuwachs von 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Die hohe Bedeutung dieser Branche zeigt sich allerdings noch deutlicher auf der Investmentseite. Rund 5,3 Milliarden Euro investierten Anleger in diesem Jahr bereits in diese Assetklasse und erreichten somit ein neues Rekordergebnis und einen beachtlichen Marktanteil von 21 Prozent auf dem gesamtgewerblichen Immobilienmarkt. Aber welche Faktoren sind für das lebhafte Wachstum der Branche verantwortlich? Die folgenden Trends beeinflussen unter anderem die deutsche Logistikbranche und führen zu einem erhöhten Flächenaufkommen in den deutschen Ballungsgebieten:
Verschmelzung von On- und Offlinehandel
Nicht nur der klassische, stationäre Handel versucht online neue Vertriebswege zu erschließen, auch Online-Händler entdecken zunehmend die Vorteile eines stationären Point of Sale. So entstehen Omnichannel- bzw. Multichannel-Konzepte, um die möglichen Synergien aus digitalem und analogem Handel zu nutzen. Als Beispiele für Onlinehändler, die sich in die Fußgängerzone wagen, gelten beispielsweise Amazon-Supermärkte oder DocMorris-Filialen. Den umgekehrten Weg gehen nicht nur bundesweite Ketten, sondern auch lokale Händler. Im regionalen Webkaufhaus Lokaso etwa können traditionelle Ladengeschäfte ihre Waren im Verbund online anbieten. Laut einer Studie des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel (bevh) soll in 30 Jahren der Einzelhandel einen vollständigen Paradigmenwechsel erfahren und E-Commerce die wesentliche Triebkraft des Einzelhandels darstellen.
Lebensmittel-Onlinehandel
Der Trend, sich Lebensmittel über das Internet direkt nach Hause liefern zu lassen, steckt in Deutschland zwar noch in den Kinderschuhen, doch gibt es bereits einige deutschlandweite Anbieter wie REWE und LIDL, die den Gang zum Supermarkt durch den Besuch eines Webshops ersetzen. Auch Amazon bietet mit der neuen Plattform Amazon Fresh nach dem Launch der Pilotprojekte in Hamburg und München die Möglichkeit, sich online mit Nahrungsmitteln zu versorgen. In München bezog der Lebensmitteldienst des Online-Giganten unlängst die deutschlandweit erste zweigeschossige Logistik-Projektentwicklung, um von dort aus die Warenströme zu lenken. Aktuell ist davon auszugehen, dass die Lebensmittellieferungen in den nächsten Jahren ein starkes Wachstum erfahren werden, wobei in der Branche noch Hindernisse bei der Einhaltung der Kühlkette existieren.
On-Demand-Delivery
Die Kundenansprüche an die Geschwindigkeit der Lieferung bestellter Waren wächst weiter. Führende Handelsunternehmen erweitern daher ihre Leistungen und bieten Same-Day- und Same-Hour-Delivery an. Sie liefern Ware an den Wunschort und geben ihren Kunden die Möglichkeit, diese kostenlos zurückzusenden. Dies erhöht den Druck auf die Konkurrenz, bei den Lieferleistungen gleichzuziehen oder diese sogar noch zu übertreffen. Das dadurch evozierte höhere Paketaufkommen befördert die Nachfrage nach stadtnahen Logistikflächen. Die Flächenverknappung in den deutschen Ballungsgebieten schreitet durch diese Entwicklung weiter voran und fordert neue Lösungen bei der Flächennutzung.
Globalisierung, Spezialisierung und Individualisierung
Die Supply-Chain hat im Zuge der Globalisierung und dem Gewinn an Mobilität immens an Komplexität zugenommen, weil Exportumschläge und das Auslagern von Wertschöpfungsprozessen weiterwachsen. Die besondere Herausforderung dabei besteht nicht etwa im Warenfluss, sondern im Transfer von Information und Technologie. Auch hier gilt der Online-Handel als einer der wesentlichen Treiber der Entwicklung – unser Konsum wird (im logistischen Sinn) grenzenlos. Gleichzeitig beobachten wir den Trend zu Individualisierung von Produkten. Bei myAdidas zum Beispiel kann der Endkunde fast jedes Detail seiner neuen Sneakers selbst bestimmen. Diese individuellen Angebote erhöhen die Komplexität der Logistik signifikant und führen dazu, dass in diesem Segment eine globale Produktion und Logistik aus Kostengründen und wegen der benötigten großvolumigen Datenübertragung nur bedingt attraktiv für Unternehmen ist. Die daher benötigte Nähe zum Kunden bei individualisierten Produkten trägt ihrerseits wieder zum erhöhten Flächenbedarf in den Ballungsräumen bei.
Multi-Level-Nutzung
Neben den großen Distributionszentren rücken insbesondere kleinteilige Logistikflächen unter 10.000 m² verstärkt in den Fokus der Nutzer. Damit Logistikdienstleister ihre Lieferprozesse verkürzen und beschleunigen können, rücken die Logistikstandorte immer näher an die Verbraucher – entsprechende Flächen werden zunehmend knapp. Viele Unternehmen evaluieren deshalb, wie sie vorhandene Flächen effizienter nutzen können. Als Lösungen des Flächenproblems spielen vor allem der Bau mehrgeschossiger Logistikimmobilien und Brownfield-Entwicklungen, also Umnutzungen oder Revitalisierungen brachliegender Flächen, eine Rolle.
Nachhaltigkeit
Die Logistik in Deutschland wird immer grüner. Die großen Player sorgen in Puncto Nachhaltigkeit für mittlerweile hohe Standards in der Branche. Dabei richtet sich die ressourcenschonende Gestaltung auf alle Bestandteile der Logistik aus. Logistikimmobilien, Fahrzeugflotten sowie Produktions- und Logistikprozesse werden nicht mehr ausschließlich auf Effizienz, sondern zunehmend auf Nachhaltigkeit geprüft. Dies erhöht die allgemeine Akzeptanz bei der Ansiedlung von Industrie- und Logistikunternehmen, auch weil die Null-Emissionen-Logistik im Trend liegt. Die Deutsche Post DHL Group etwa betreibt mit ihren selbst entwickelten und in Eigenregie produzierten Street-Scootern sowie 10.500 E-Bikes und E-Trikes die größte Elektroflotte Deutschlands.
Digitale Revolution
Die Herausforderungen von Big Data, also Datensammlung, Daten-Management, IT-Sicherheit und -Transparenz führen zu neuen Geschäftsmodellen und der Revolution von Informationstechnologie. Insbesondere in den Bereichen Logistik, Produktion, Handel und Tourismus liegt der Fokus dabei auf Prozessoptimierung. So erfahren Vertrieb, Herstellung und Lieferung eine Ausrichtung auf neue Technologien durch Kundenanalysen für Kaufverhalten und Kaufempfehlungen, die Implementierung der Smart Factory mit Robotik und 3D-Druck, Elektromobilität, autonomes Fahren, Einsatz von Drohnen und Live-Tracking der Pakete.