Sozialwohnungen: Ein aussterbendes Gut
Nach der Wiedervereinigung im Jahr 1990 gab es in Deutschland noch rund 2,9 Millionen Sozialwohnungen. Bis zum Ende des Jahres 2024 werden es nur noch 981.100 Wohnungen sein, für die eine Sozialbindung besteht. Das ist ein Drittel des ursprünglichen Bestandes. Auch der weitere Trend ist negativ. Im Jahr 2035 soll es nach einer Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft 554.100 Sozialwohnungen in Deutschland geben, weil viele Wohnungen ihren Sozialstatus verlieren und der Neubau faktisch zum Erliegen gekommen ist.
Mieteinsparung von 45 Prozent
Die gesellschaftliche Bedeutung von Sozialwohnungen ist unbestreitbar. In den deutschen TOP 7 Städten betrug die durchschnittliche Kaltmiete einer Sozialwohnung im Jahr 2023 etwa 8 Euro pro Quadratmeter, im freien Wohnungsmarkt waren es demgegenüber rund 15 Euro pro Quadratmeter. Das heißt: Wer in Deutschland eine Sozialwohnung mietet, zahlt 45 Prozent weniger Kaltmiete als es der freie Markt erfordert. Entsprechend treu sind die Mieter diesen Wohnungen auch. 2023 wurden deutschlandweit weniger als 20.000 Mietangebote für Sozialwohnungen registriert, wie die Value AG ermittelt hat.
Hamburg als Musterbeispiel für ganz Deutschland
Unter den 43 Millionen Wohnungen in Deutschland wird es Ende 2024 erstmals weniger als eine Million Sozialwohnungen geben. Die Verteilung auf die verschiedenen Bundesländer ist dabei sehr unterschiedlich. Mit 8 Prozent verfügt Hamburg über den größten Anteil an Sozialwohnungen, gefolgt von Berlin und NRW mit einem Anteil von jeweils 5 Prozent. Hessen und Schleswig-Holstein haben dann mit 3 Prozent schon einen spürbaren Abstand.
Zu wenig Neubau für eine Trendwende
Der Bestand an Sozialwohnungen schrumpft mit jedem Jahr, weil immer weitere Wohnungen aus ihrer zeitlich befristeten Sozialbindung fallen. In Deutschland wurden 2022 lediglich rund 23.000 Sozialwohnungen neu errichtet. Das ist viel zu wenig, um den Negativtrend umzukehren. Dass hier die großen Flächenstaaten Bayern, Baden-Württemberg und NRW das Ranking mit jeweils maximal 4.000 neuen Sozialwohnungen anführen, ist wenig überraschend. Gemessen an der Anzahl der Haushalte im Bundesland ist Hamburg auch im Neubau wieder vergleichsweise gut aufgestellt. Aber selbst das Volumen von rund 1.900 Wohneinheiten in einem Jahr unterschreitet den Marktbedarf deutlich.
Privatwirtschaft braucht echte Förderprogramme
Die Politik hat das gesellschaftliche Problem am Wohnungsmarkt zu lange unterschätzt und war nicht bereit, Lösungen zu schaffen. Um eine Trendwende zu schaffen, müssen wir an einem Grundsatz unbedingt festhalten: Jedes Neubauprojekt ist auch ein wirtschaftliches Risiko und dieses Risiko muss durch Gewinne für die Projektentwickler kompensiert werden. Für mehr Neubau brauchen wir privatwirtschaftliches Engagement von Projektentwicklern und Investoren, in Kombination mit staatlicher Förderung. Der Staat allein wird das Problem nicht lösen und er sollte auch nicht selbst Bauherr werden, denn das war in der Vergangenheit noch nie eine gute Idee.