7 Thesen gegen den Kollaps beim Bau von bezahlbarem Wohnraum in Düsseldorf

Düsseldorf, 15. Dezember 2023 – Die Lage auf dem Düsseldorfer Wohnungsmarkt ist so angespannt wie selten zuvor. „Wenn die Düsseldorfer Politik nicht gegensteuert, wird die Stadt mit einem immer knapper werdenden Angebot bei stetig steigender Nachfrage konfrontiert sein. Auch die Errichtung von gefördertem Wohnraum bleibt weiter hinter dem Bedarf zurück. Daraus resultieren explodierende Mieten und eine extreme Unzufriedenheit der Stadtgesellschaft“, so Herwig Lieb, Regional Manager NRW bei Colliers.

Diese sieben Punkte haben nach dem Experten das Potenzial, den Bau von bezahlbarem Wohnraum in Düsseldorf wieder in Schwung zu bringen:

1. Handlungskonzept Wohnen aussetzen
Das Handlungskonzept Wohnen (HKW) der Stadt Düsseldorf muss sofort ausgesetzt werden. Zwar hat die Streichung der Forderung nach preisgedämpften Mietwohnungen aus dem Konzept das HKW realitätsnäher gemacht. Die Anhebung der Quote für geförderten Wohnungsbau von 30 auf 50 Prozent hätte den Wohnungsneubau aber schon vor den raschen Zinserhöhungen durch die EZB quantitativ erheblich eingeschränkt. In der neuen Normalität von Bauzinsen um die vier Prozent plus wäre eine Quote von maximal 20 Prozent gefördertem Wohnungsbau eher realistisch.

2. Obergrenzen für Mieten anheben
Das Land Nordrhein-Westfalen hat die Förderbedingungen für den sozialen Wohnungsbau erheblich verbessert und hierfür bis 2027 insgesamt neun Milliarden Euro bereitgestellt. Dies ist ausdrücklich zu begrüßen. Die im Programm festgelegten Obergrenzen für die Mieten sind allerdings zu starr und zu niedrig. Selbst für die „Hotspots“, das sind die Städte mit dem stärksten Bevölkerungswachstum und den höchsten Mietsteigerungsraten, beträgt die Obergrenze für die Einkommensgruppe A lediglich 7,10 Euro pro Quadratmeter. Angesichts des aktuellen Zinsniveaus und der immens gestiegenen Baukosten ist dies für Bauträger und Projektentwickler kein kostendeckender Wert. Der geförderte Wohnungsneubau kann so nicht in Schwung kommen.

Einen deutlich realistischeren Weg geht das Land Baden-Württemberg: Die Obergrenzen orientieren sich flexibel am Mietniveau für vergleichbaren frei finanzierten Neubau. Das führt im geförderten Wohnungsbau zu Mieten, die 20 bis 40 Prozent unter den vergleichbaren Marktmieten liegen. Dies macht den sozialen Wohnungsbau deutlich attraktiver als die starre NRW-Höchstmiete.

3. Fehlbelegungsabgaben wieder einführen
Die Fehlbelegungsabgabe für Sozialwohnungen muss unbedingt wieder eingeführt werden. Das Land Nordrhein-Westfalen hat diese Abgabe 2006 abgeschafft. Mittlerweile wird in Düsseldorf ein erheblicher Anteil der vorhandenen Sozialwohnungen von Haushalten mit zu hohem Einkommen belegt. Die Kehrseite: In Düsseldorf verfügen rund 50 Prozent der Menschen über einen Wohnberechtigungsschein und sind dringend auf geförderten Wohnraum angewiesen. Die Einnahmen aus einer wieder eingeführten Fehlbelegungsabgabe können direkt in die Förderung des sozialen Wohnungsbaus fließen.

Bundesweit ist dem Institut der Deutschen Wirtschaft Köln zufolge schätzungsweise jede zweite Sozialwohnung fehlbelegt. Die Stadt Düsseldorf muss diesbezüglich dringend Transparenz schaffen und den Anteil der in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt fehlbelegten Sozialwohnungen mitteilen.

4. Vorschriften für geförderten Wohnungsbau senken
Die Anforderungen und Vorschriften an den geförderten Wohnungsbau sind deutlich zu hoch und teils höher als an frei finanzierte Wohnungen. Dass mindestens ein Drittel der Grundstücksfläche als Grünfläche zu gestalten ist, ist ein angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen nicht mehr finanzierbarer Luxus. Die Beschränkung der Anzahl der Wohnungen pro Hauseingang gehört ebenfalls in diese Kategorie. Das Festhalten an der Stellplatzverordnung macht Sozialwohnungen nicht nur teurer, sondern behindert auch die Bemühungen um den Klimaschutz und eine entsprechende Verkehrswende. Eine sehr deutliche Reduktion der Baukosten würde durch den Verzicht auf Untergeschosse erzielt.

5. Wohnungskauf zur Altersvorsorge vereinfachen
Das Versprechen, dass die eigenen vier Wände ein wirksames Instrument der Altersvorsorge sind, muss wieder einlösbar werden. Wer selbst im zu erwerbenden Wohneigentum leben will und sich auf eine Haltedauer von mindestens 20 Jahren verpflichtet, sollte von der Grunderwerbsteuer befreit werden. Falls sich die Lebensumstände ändern und das Wohneigentum deshalb dann doch vermietet werden soll, muss die Miete mindestens 20 Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.

6. Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen
Das Maßnahmepaket der Bundesregierung für zusätzliche Investitionen in den Bau von bezahlbarem und klimagerechten Wohnraum sieht die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren vor. Die Stadt Düsseldorf sollte in Eigeninitiative alles Notwendige für die deutliche Verkürzung von Genehmigungsverfahren tun. Wir haben den Eindruck, dass die Politik die mit langen Genehmigungszeiten verbundenen Mehraufwendungen und deren Auswirkungen auf die Mieten chronisch unterschätzt. Die Stadtgesellschaft hat ein Recht auf optimierte, digitalisierte Prozesse und eine ausreichende Personalausstattung der Genehmigungsbehörden.

7. Bauvorschriften vereinheitlichen und reduzieren
Insgesamt gibt es in Deutschland laut ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss knapp 20.000 Bauvorschriften, mehr als in jedem anderen Land. Seit 1990 hat sich diese Zahl vervierfacht. Damit verursachen der Gesetzgeber und die diese Vorschriften anwendenden Genehmigungsbehörden erhebliche Kostensteigerungen. Ein Teil der Bauvorschriften wird auf internationaler (ISO), europäischer (EN) und deutscher (DIN) Ebene erlassen. Auch die Bundes- und die Landesbauordnungen tragen zum deutschen Verordnungsdickicht bei. Es sollte überprüft werden, welche Standards und Vorschriften nicht zwingend anzuwenden und nicht zwingend notwendig sind. Die Stadt Düsseldorf sollte auf Landes- und Bundesebene für eine Vereinheitlichung und eine deutliche Reduzierung der Vorschriften plädieren. Die Reform der Bauordnung in den Niederlanden kann hier als Vorbild dienen. Der Fokus auf technologieoffene Lösungen und auf Ziele statt auf detaillierte Ausführungsbestimmungen, verbunden mit einer drastischen Reduzierung der Zahl der Vorschriften, hat bei unseren Nachbarn zu einer deutlichen Reduzierung der Baukosten geführt.

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