05. Esstisch versus Schreibtisch
Wieviel Büro brauchen wir noch?
18. März 2021 – Im Web-Talk „Esstisch versus Schreibtisch“ habe ich mit Prof. Tabea Scheel (Europa-Universität Flensburg), Tobias Börsch (OFFICEFIRST) und Steffen Kindler (Nestlé Deutschland AG) über die Notwendigkeit von Büroflächen, die zukünftige Nutzung in Form von neuen Arbeitswelten und die dauerhafte Akzeptanz von mobilem Arbeiten in Deutschland gesprochen. Im Zentrum stand die Frage, auf welche Balance zwischen Home und Office sich die Gesellschaft in Zukunft einigt.
Rund zwei Tage mobiles Arbeiten sind die Zukunft
Fünf Tage Home Office pro Woche können keine Dauerlösung sein. Darüber war sich die Runde schnell einig. Zwei Tage mobiles Arbeiten im Durschnitt ist eine Perspektive, die unsere Zukunft nach Corona vermutlich am besten beschreibt. In einer aktuellen Colliers-Umfrage haben sich 53 Prozent aller Befragten für dieses Modell ausgesprochen.
Mehr Arbeitszeit außerhalb des Büros gefährdet sonst auf lange Sicht das soziale Miteinander im Team und somit auch die Produktivität von Unternehmen. Außerdem verfügen aktuell nur rund 49 Prozent aller Deutschen zuhause über ein gesondertes Arbeitszimmer. Auch das ist ein Ergebnis der jüngsten Colliers-Umfrage.
Die Corona-Krise als Trendbeschleuniger
Für einige große Corporates wie Nestlé hat sich die Corona-Krise als Trendbeschleuniger erwiesen in Richtung mehr Flexibilität der Arbeitsformen. Lange Flure mit Türen, die man sich kaum zu öffnen wagt, gehören bei Nestlé der Vergangenheit an. Das neue Activity Based Working hat in der Zeit vor Corona neue Möglichkeiten der Kollaboration schaffen. Und Ansätze dieser Art werden auch nach Corona die Büroarbeit weiter modernisieren. Hinzu kommt der gestiegene Anspruch an ein gesundes Büro mit hohen Hygienestandards. Stehen, sitzen, networken sollten auf einer Bürofläche jederzeit möglich sein.
Neue Führunkultur: Delegieren, coachen, vertrauen
Der Corona-Lockdown hat außerdem die Bedeutung einer neuen Führungskultur aufgezeigt. Mobiles Arbeiten funktioniert nur mit einer Führungskraft, die delegiert, coacht und vertraut. Führungskräfte müssen Kommunikation und Kontakt zu ihren Team-Mitgliedern aktiv suchen, Interessen austarieren und ihren Team-Mitgliedern das Gefühl geben, wahrgenommen und wertgeschätzt zu werden. Das alles kostet viel Energie, ebnet aber auch den Weg in die Zukunft nach Corona. Von einer neuen Führungskultur kann unsere Gesellschaft dauerhaft profitieren.
Büros zentralisieren oder dezentralisieren?
Die Frage nach dem Potenzial von Satellitenstandorten wurde in der Runde aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Ob ein starkes Headquarter effizienter ist als ein eher kleines Headquarter, das durch verschiedene Satellitenstandorte ergänzt wird, muss letztlich jedes Unternehmen mit Blick auf die eigene Kultur und die eigenen Workflows beantworten.
Das Büro bleibt Spiegel der Unternehmenskultur
Grundsätzlich ist aber klar: Die Nachfrage nach zentralen Standorten mit guter ÖPNV-Anbindung wird deutschlandweit hoch bleiben. Denn es muss für die Menschen in Zukunft verstärkt Sinn machen ins Büro zu gehen. Das Office muss einen Mehrwert gegenüber dem Home Office bieten, und hier spielen hochwertige Flächen in guten Lagen ihre Stärken aus.
Ob in A-Lagen oder in B-Lagen, im War for Talents wird das Büro immer eine wichtige Visitenkarte sein, um neue Mitarbeiter zu gewinnen und vorhandene Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden. Insofern steht die Assetklasse Büro in Deutschland vor einer guten, gesicherten Zukunft.