18. Finanzierung:
Open for Business? Kapitalstrukturen in der neuen Normalität
19.Oktober 2020 – im Web-Talk „Finanzierung: Open for Business? Kapitalstrukturen in der neuen Normalität“ haben wir die aktuelle Situation am Finanzierungsmarkt diskutiert und das Verhalten von Banken, alternativen Finanzierern und Investoren beleuchtet. Herzlichen Dank meinen Gästen Sascha Klaus (Berlin Hyp), Keith Fischer (Kildare Partners) und David Gingell (PGIM Real Estate).
Positive Ergebnisse des Immobilienmarktes
Der deutsche Investmentmarkt für Gewerbeimmobilien geht – auch dank des starken Jahresauftakts – trotz Pandemie einem Transaktionsvolumen von rund 52 Mrd. Euro entgegen. Die Jahresendrallye wird voraussichtlich nicht so dynamisch verlaufen wie in den Vorjahren. Unter dem Strich steht dennoch ein beachtliches Ergebnis für dieses an Turbulenzen reiches Jahr 2020. Die Investoren bleiben also am Ball. Doch wie verhalten sich Kapitalgeber?
Banken sind selektiver
In der ersten Lockdown Phase herrschte an den Märkten enorme Unsicherheit. Banken haben in dieser Zeit ihre Finanzierungsfreude leicht zurückgefahren. Doch diese Abweichung wurde inzwischen revidiert: Auf Bankenseite wird dem Immobilienmarkt in Deutschland weiterhin ausreichend hohe Liquidität bescheinigt, um Transaktionen mit Senior-Kapital zu begleiten. Zudem sind die Banken selbst nun gefestigter in Ihren Kapitalstrukturen. Beispielsweise in der Finanzkrise, die ja direkt vom Immobilienmarkt ausging, war dies nicht durchgehend der Fall.
Core-Immobilien werden dabei nach wie vor als sicherer Hafen eingestuft und Investments in risikoarme Ziele gerne finanziert. Jedoch beurteilen Banken Immobilien-Anlageziele aktuell noch rigider nach Asset- und Risikoklasse. So werden Investments in Wohn- und Logistikimmobilien derzeit hohe Erfolgsaussichten attestiert, während die Zukunftsfähigkeit von Büroobjekten oder -portfolios genauer unter die Lupe genommen wird. Von Hotel- oder (Non-Food-)Einzelhandelstransaktionen nehmen Senior-Kapitalgeber aktuell verstärkt Abstand, besonders wenn die Produkte keine Core-Bewertung aufweisen.
Füllt Mezzanine-Kapital die Lücke?
Ähnlich risikoavers zeigen sich alternative Kapitalgeber wie Mezzanine-Fonds. Dieses Junior-Kapital ist in Deutschlands Finanzierungslandschaft längst noch nicht so gängig wie dies in angelsächsischen Ländern seit vielen Jahren der Fall ist. Allerdings wächst der Anteil solcher „Mezz-Funds“, auch die Kooperation mit Banken intensiviert sich.
In der aktuellen Situation konzentriert sich auch Mezzanine-Kapital, das von Natur aus etwas risikoaffiner ist als Banken-Kapital, auf Core-Produkte. Erst soll die Entwicklung der nächsten Monate bewertet werden, bevor Non-Core wieder stärker in den Fokus rückt.
Mehr Eigenkapital gefordert
Investoren, die sich auf Value-Add oder opportunistische Immobilieninvestments spezialisiert haben, stehen aktuell also vor einer gewachsenen Herausforderung, Fremdkapital zu akquirieren. Vor der Corona-Krise konnte hier mit LTV’s (Loan to Value) von bis zu 65 % gerechnet werden, aktuell gelten 50 % als Obergrenze – die Eigenkapitalforderung ist also signifikant gestiegen.
Doch ein Konjunktur-Tief stellt auch immer eine Investmentchance dar. Besonders bei Hotel-Assets werden aktuell die größten Opportunitäten gesehen, gefallene Preise zu nutzen, um bei Drehen des Marktumfeldes Gewinne zu erzielen. Auch Transaktionen von Non performing Loans (NPL) werden im Opportunistic-Segment wieder Möglichkeiten eingeräumt.
Bleibt der Finanzierungsmarkt „offen“?
Das Gros der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Immobilien-Finanzierungsmarkt werden wir erst im Laufe der kommenden Jahre bewerten können. Faktoren wie Bautätigkeit, Mietvertragslaufzeiten und Risikobewertungen postponieren das Einwirken von Entwicklungen auf den realen Immobilienmarkt – anders als das beispielsweise beim Wertpapierhandel der Fall ist.
Insgesamt wird bei Immobilieninvestments und der Bereitschaft zu deren Finanzierung eine zunehmende Polarisierung zwischen Core und Non-Core erwartet. Die aus der aktuellen Lage resultierende Durchmischung und Kombination der Finanzierungsquellen zwischen klassischem Banken-Kapital und alternativem Kapital wird den Finanzierungsmarkt bereichern und das Angebot stärken. Kapitalgeber sind aber auch in der aktuellen Krise generell „open for business“.